5. Vorbehalte gegen den ePass
5.1 Einleitung
Die vorherigen Kapitel beschreiben den ePass in seiner geplanten Funktionalität. Angeregt durch Kritik von Datenschützern und
Sicherheitsexperten am ePass werden in diesem Kapitel weitergehende Aspekte betrachtet. Nach dieser Einleitung wird die
Zuverlässigkeit des Systems im Allgemeinen betrachtet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Zuverlässigkeit der Biometrie und der
Haltbarkeit des RF-Chips. Anschließend werden mögliche Angriffsszenarien durch einzelne Individuen auf den störungsfreien Betrieb
analysiert. Wege zum Täuschen und Umgehen des Systems werden in Kapitel 5.4 bewertet. Die Gewährleistung des Datenschutzes
wird im fünften Abschnitt behandelt.
5.2 Zuverlässigkeit des Systems im Allgemeinen
5.2.1 Einleitung
Ein ausgestellter ePass wird, wie auch der bisherige Reisepass, 10 Jahre gültig sein [AA 2005a]. Mussten bisher nur der Reisepass an
sich
in Papierform
und das enthaltene Passfoto 10 Jahre halten, gilt diese Anforderung zukünftig auch für den RF-Chip und die
darauf gespeicherten biometrischen Merkmale. Ob dies der Fall ist, ist umstritten. Im Folgenden werden die einzelnen Merkmale
genauer auf ihre Eignung zum langjährigen Einsatz im ePass betrachtet.
5.2.2 Zuverlässigkeit der Biometrie
Wie in Kapitel 4.3 erwähnt, kommen unterschiedliche Studien zu teils sehr unterschiedlichen Ergebnissen, was die Erkennungsraten
bei Biometrischen Systemen betrifft. Die BioPII Studie des BSI untersuchte die Erkennungsleistung der biometrischen Merkmale
Gesicht, Finger und Iris und deren Eignung für den Einsatz in Ausweisdokumenten [BIOPII 2005]. Sie kommt zu dem Schluss, dass
Biometrische Verfahren [
] die Identitätsprüfung anhand von Personaldokumenten wirksam unterstützen können [BIOPII 2005
S.169]. Die Studie führt außerdem an, dass in der Praxis mit besseren Erkennungsraten zu rechnen sei, da die Nutzer am Erfolg der
Verifikation ein unmittelbares Interesse haben und sich genauer an Anweisungen etc. halten werden (S.164). Diese Aussage kann
kritisch betrachtet werden. So war die Testpopulation bestehend aus Mitarbeitern des Frankfurter Flughafens nicht repräsentativ für
die deutsche Bevölkerung und somit eine verallgemeinerte Aussage auf den Regelbetrieb schwer möglich
(S.10). Zudem gibt es
Anhaltspunkte, dass die Erkennungsleistungen im Regelbetrieb eher schlechter ausfallen könnten, als die Studie vermuten lässt. Den
Seiten 51ff der BioPII Studie lässt sich entnehmen, dass die Testpopulation zu einem im Verhältnis zur deutschen
Gesamtbevölkerung betrachtet überproportionalen Teil aus europäischen und männlichen Testpersonen jungen bis mittleren Alters
bestand, die mit hoher Bildung eher administrativen Aufgaben nachgehen. Personen mit diesen Eigenschaften sind es, die
verhältnismäßig gute Erkennungsraten erzielen (vgl. Kapitel 4.3). So haben Männer in der Regel stärker ausgeprägte Minuzien und
größere Finger als Frauen, so dass ein Fingerabdrucksensor den Abdruck eines Mannes besser erkennen kann als den einer Frau.
Insbesondere Menschen asiatischer Herkunft haben zudem häufig sehr kleine Finger und sehr feine Fingerlinien, was ein erfolgreiches
Enrolen und Authentifizieren erschwert. Des Weiteren haben administrativ tätige Personen seltener störende Merkmale an den Händen
wie Verletzungen oder starke Hornhaut. Auch ältere Menschen erzielen zum Teil schlechtere Ergebnisse bei Biometrischen Systemen
(vgl. Kapitel 4.3). Gänzlich unberücksichtigt bleiben bei der BioPII-Studie körperlich und geistig Behinderte. Diese erzielen signifikant
schlechtere Erkennungsraten und können deutlich häufiger nicht enrolt werden [UKPS 2005].
Unabhängig davon
ist zu hinterfragen, inwieweit eine repräsentative Aussage in Bezug auf die deutsche Bevölkerung überhaupt
wünschenswert ist. Als wichtiger könnte eine entsprechende Repräsentation des Teils der deutschen Bevölkerung beurteilt werden, der
tatsächlich einen Reisepass besitzt bzw. diesen voraussichtlich in Zukunft beantragen und nutzen wird. Da seit der Einführung des
Reisepasses 1988 nur 65 Millionen Exemplare des Reisepasses ausgegeben wurden (vgl. Kapitel 2.2), ist es offensichtlich, dass nur ein
Teil der deutschen Bevölkerung einen gültigen Reisepass besitzt. Es könnte also vermutet werden, dass beispielsweise überwiegend
Männer mittleren Alters Geschäftsreisende einen Reisepass besitzen oder junge wohlhabende Menschen, die vermutlich eher
verreisen, als Ältere mit geringem Einkommen. Allerdings sollte die Einführung des ePasses auch im Zusammenhang mit der
Einführung des elektronischen Personalausweises (ab 2007) gesehen werden. Dieser wird für Reisezwecke innerhalb Europas die
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